Ablehnung des Eilantrags enttäuscht STEAG
Essen/Karlsruhe. „Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ist für STEAG eine herbe Enttäuschung“, sagt Joachim Rumstadt, Vorsitzender der Geschäftsführung der STEAG GmbH. „Weil die Ablehnung des Eilantrags aus formalen Gründen erfolgt ist, ist die Frage der Verfassungskonformität des Kohleverstromungsbeendigungsgesetzes dabei überhaupt nicht geprüft worden.“ Damit sei es auch nicht gelungen, die nicht zuletzt vom Bundesrat mit Nachdruck vorgebrachte Kritik am Kohleverstromungsbeendigungsgesetzes (KVBG) vor Beginn der Stilllegungsauktionen am 1. September überprüfen zu lassen.
Das Bundesverfassungsgericht hat heute mitgeteilt, dass es mit Entscheidung vom 18. August 2020 den Eilantrag der STEAG betreffend das KVBG abweist. Zugleich erklärte das höchste deutsche Gericht eine mögliche spätere Verfassungsbeschwerde des Essener Energieunternehmens in gleicher Angelegenheit von vornherein für nicht zulässig.
„Auch wenn unser Eilantrag abgelehnt wurde, bedeutet diese Entscheidung nicht, dass bestehende verfassungsrechtliche Bedenken gegenüber dem KVBG damit ausgeräumt sind“, so Rechtsanwältin Jana Michaelis von der Kanzlei Rosin-Büdenbender, die STEAG in diesem Verfahren vertreten hat. Die anstehenden Auktionsverfahren finden infolgedessen wie vom KVBG vorgesehen statt, ohne dass deren Rechtskonformität festgestellt, geschweige denn überhaupt geprüft worden ist.
Verfassungsgericht stuft STEAG als mehrheitlich kommunales Unternehmen ein
Die Ablehnung des Eilantrags und die gleichzeitige Feststellung der Unzulässigkeit einer möglichen späteren Verfassungsbeschwerde gründet dabei vor allem auf dem Argument, dass STEAG ein gemischtwirtschaftliches Unternehmen mit jedoch mehrheitlich kommunaler Anteilseignerschaft sei. Für Unternehmen, die sich zu mehr als 50 Prozent in öffentlicher Hand befinden, lässt das Bundesverfassungsgericht nach ständiger Rechtsprechung keine Berufung auf einen Grundrechteschutz zu. Diese Einschätzung verkennt, dass STEAG ein stark international ausgerichtetes Unternehmen mit einer heterogenen Anteilseignerstruktur ist. Ihre Anteilseignerschaft umfasst eine Vielzahl von Akteuren mit durchaus unterschiedlichen Positionen und Interessenlagen. Dass das Verfassungsgericht STEAG dennoch die Grundrechtsfähigkeit abspricht, wiegt besonders schwer, da schon das KVBG selbst erheblich in Unternehmensrechte eingegriffen hat, wogegen STEAG sich nun faktisch nicht zur Wehr setzen kann.
Gesetzgebungsverfahren war geprägt von Ungleichbehandlung
Damit steht der Entscheid des Bundesverfassungsgerichts am Ende eines Gesetzgebungsverfahrens, das von Anfang an von einer Benachteiligung der Steinkohlekraftwerksbetreiber gekennzeichnet war. Schon bei Vorlage des Referentenentwurfs zum KVBG im Januar 2020 war den betroffenen Unternehmen lediglich eine Frist von 24 Stunden für eine Stellungnahme eingeräumt worden; eine angesichts von Umfang und Bedeutung des Gesetzes unangemessen kurze Zeitspanne, die die Beteiligungsmöglichkeiten der betroffenen Unternehmen massiv beschnitten hat.
Ferner hat es mit den Betreibern von Steinkohlekraftwerken zu keinem Zeitpunkt direkte Gespräche über die Ausgestaltung des Kohleausstiegs gegeben, wie sie mit den Betreibern von Braunkohlekraftwerken geführt worden waren. Dies mündet in die sachlich nicht begründete Ungleichbehandlung von Braun- und Steinkohle, bei der feste vertragliche Vereinbarungen auf der einen Seite einem offenen Auktionsverfahren mit Stilllegungsandrohung auf der anderen Seite gegenüberstehen.
STEAG akzeptiert Ende der Kohleverstromung, kritisiert aber deren Umsetzung
Das Essener Energieunternehmen hat stets klargestellt, den von der Kommission „Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung“ ausgehandelten Kompromiss zum Ende der Kohleverstromung in Deutschland nicht infrage zu stellen. „Wir akzeptieren den politischen und gesellschaftlichen Willen, in Deutschland künftig auf den Energieträger Kohle zu verzichten. Wir kritisieren jedoch die mangelhafte Art und Weise, wie der Kohleausstieg umgesetzt wird“, sagt Joachim Rumstadt. STEAG wird den heute veröffentlichten Entscheid des Bundesverfassungsgerichts eingehend prüfen.