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STEAG: Neuaufstellung kommt gut voran

  • Konzerngewinn deutlich gesteigert
  • 45 Millionen Euro Gewinnabführung
  • Grünes Rating erhalten
  • CO2-Ausstoß weiter gesenkt

Essen. STEAG blickt auf ein zufriedenstellendes Geschäftsjahr 2019 zurück. Das Essener Energieunternehmen hat sich in einem schwierigen Marktumfeld erfolgreich behauptet, seine Ergebnisziele erreicht und die Ertragskraft steigern können. Damit ist eine solide Grundlage gelegt, um die großen Herausforderungen des laufenden Jahres zu bestehen.

Der Deutsche Bundestag wird voraussichtlich im Sommer das Kohleverstromungsbeendigungsgesetz (KVBG) verabschieden. Für die Betreiber von Steinkohlekraftwerken wird dies nach derzeitigem Stand eine zügige Stilllegung ihrer Anlagen voraussichtlich bis spätestens 2030 und nicht wie bei Braunkohlekraftwerken erst bis 2038 zur Folge haben. Auch bei den Entschädigungszahlungen ist die Steinkohle im Vergleich zur Braunkohle im Nachteil. „Dies ist eine klare Abkehr von den Empfehlungen der ‚Kommission Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung‘“, kritisiert Joachim Rumstadt, der Vorsitzende der Geschäftsführung der STEAG GmbH.

Trägt die Bundesregierung den Einwänden nicht Rechnung, die nicht nur von STEAG und anderen Betreibern von Steinkohlenkraftwerken, sondern auch vom Bundesrat geteilt werden, behält sich STEAG vor, Klage gegen das KVBG zu erheben. „Wir akzeptieren den gesellschaftlichen Willen und die politische Entscheidung zum Ausstieg aus der Kohleverstromung in Deutschland“, stellt Joachim Rumstadt klar. „Aber wir können uns mit der aktuell geplanten gesetzlichen Umsetzung nicht einverstanden erklären.“

Corona belastet Wirtschaft
Einen weiteren Belastungsfaktor stellt die Coronakrise dar. Der Ifo-Geschäftsklimaindex, ein wichtiger Frühindikator für die deutsche Konjunktur, ist jüngst auf den tiefsten, jemals gemessenen Stand abgesackt. Die Schäden, die durch den Stillstand des öffentlichen Lebens und weiter Teile der Wirtschaft rund um den Globus entstehen, sind erheblich. Selbst wenn die Einschränkungen Zug um Zug weiter gelockert werden und eine schrittweise Rückkehr zur Normalität eingeleitet wird, erwarten Konjunkturforscher für 2020 eine schwere Rezession. Nicht nur in Deutschland und Europa, sondern fast überall in der Welt.

Auch STEAG, einer der großen Strom- und Wärmeerzeuger in Deutschland und international tätiger Betreiber von Energieerzeugungsanlagen, bekommt die Auswirkungen der Pandemie deutlich zu spüren. Große Energieverbraucher insbesondere aus der Industrie drosseln oder unterbrechen ihre Produktion. Die Folge: Die Stromnachfrage sinkt und die Strompreise fallen. „Der Start in das Jahr 2020 war recht erfreulich, denn in den ersten drei Monaten lagen wir deutlich über Plan“, sagt Joachim Rumstadt. „Doch nun gibt es eine deutliche Trendwende.“ Das gilt insbesondere für den für STEAG wichtigen Strommarkt Türkei. Ferner befinden sich 140 Beschäftigte der in Deutschland tätigen Konzerntochter STEAG Technischer Service derzeit in Kurzarbeit. Grund ist, dass Instandhaltungsmaßnahmen an den eigenen Kraftwerken oder an Anlagen von externen Kunden verschoben oder auf ein Minimum zurückgefahren worden sind. Auch in anderen Unternehmensbereichen wird die Einführung von Kurzarbeit geprüft. STEAG hat zugleich mit konsequenten Schutzmaßnahmen für die eigenen Mitarbeiter dafür Sorge getragen, dass jederzeit die sichere Strom- und Wärmeversorgung durch STEAG gewährleistet ist.

Wichtige Meilensteine erreicht
Die sich zunehmend verschlechternden wirtschaftlichen Rahmenbedingungen erschweren überdies den bislang erfolgreich verlaufenen Transformationsprozess, in dem sich STEAG – wie alle Energieunternehmen mit einem vergleichbaren Geschäftsmodell – wegen der Energiewende befindet. Beim Umbau des Unternehmens, der 2016 mit dem Projekt „STEAG 2022“ begann, wurden 2019 weitere Meilensteine erreicht. Dazu vier Beispiele:

Beispiel I: Strategische Akquisition im Bereich Photovoltaik
Im Bereich erneuerbare Energien ist STEAG eine strategisch wichtige Akquisition gelungen. Durch das umfangreiche Know-how und das internationale Netzwerk der jüngsten Konzerntochter STEAG Solar Energy Solutions, kurz SENS, hat STEAG im Wachstumsmarkt Photovoltaik einen großen Schritt nach vorn gemacht. Zu den Kernkompetenzen von SENS gehören die Entwicklung und schlüsselfertige Errichtung großer Freiflächen-Photovoltaik-Anlagen. Auf Sizilien entwickelt SENS gemeinsam mit einem Finanzinvestor rund 440 Megawatt Freiflächen-Photovoltaik. Die Anlagen decken rechnerisch den Strombedarf von rund 350.000 Haushalten mit CO2-frei produzierter Energie.

Beispiel II: Wasserstoff-Projekt an der Saar
Mit dem vom Bundeswirtschaftsministerium im Rahmen des Programms „Reallabore der Energiewende“ geförderten Projekt „HydroHub Fenne“ leistet STEAG einen Beitrag, das Saarland als traditionsreichen Standort der Energiebranche weiterzuentwickeln. Wasserstoff, bei dessen Verbrennung klimaschädliche Emissionen vermieden werden, steht dabei im Mittelpunkt. Am Standort des STEAG-Kraftwerks Fenne in Völklingen sollen in Zeiten eines Überangebots an Wind- und Sonnenenergie mithilfe eines Elektrolyseurs große Mengen an grünem Wasserstoff erzeugt werden. Dieser kann anschließend auf vielfältige Weise zum Einsatz kommen. Etwa in saarländischen Stahlunternehmen, die ihn für die industriellen Prozesse benötigen. Er kann aber auch ins regionale Gasnetz eingespeist werden und versorgt zusätzlich öffentliche Wasserstoff-Tankstellen im Saarland. Zudem kann Wasserstoff wieder zur Stromerzeugung genutzt werden. Obendrein kann die Wärme, die bei der Erzeugung des Wasserstoffs entsteht, in das Netz des Fernwärmeverbunds Saar (FVS) ausgekoppelt werden.

Beispiel III: Neues GuD-Kraftwerk im Herzen des Ruhrgebiets
Am Standort Herne baut STEAG mit dem Partner Siemens ein neues und hocheffizientes Gas- und Dampfturbinen-Kraftwerk (GuD). Die Anlage, die Mitte 2022 in den regulären Betrieb gehen soll, arbeitet nach dem Prinzip der Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) und wird für die umweltfreundliche Fernwärmeversorgung von rechnerisch 300.000 Haushalten im Herzen des Ruhrgebiets sorgen. Mit der Investition eines mittleren dreistelligen Millionenbetrags, den sich die Projektpartner je zur Hälfte teilen, tragen STEAG und Siemens aktiv zum Gelingen der Energiewende bei. Denn in der Zeit des Übergangs auf eine klimaneutrale Energieerzeugung wird die CO2-arme Erdgasverstromung als Brückentechnologie unverzichtbar sein. GuD-Anlagen werden nach dem Ausstieg aus der Kernenergie und der Beendigung der Kohleverstromung das Rückgrat einer sicheren Energieversorgung in Deutschland bilden. Langfristig hat grüner Wasserstoff das Potenzial, fossile Brennstoffe auch in der Energieerzeugung abzulösen und könnte auch im GuD Herne zum Einsatz kommen.

Beispiel IV: Effiziente Industrielösung für BP
Für den Mineralölkonzern BP errichtet STEAG auf dem Gelände der BP-Raffinerie in Gelsenkirchen-Scholven eine neue Prozessdampfversorgung. Dabei werden Raffineriegase verfeuert, die bis dato ungenutzt abgefackelt werden, und somit energetisch nutzbar gemacht. Das schont die Umwelt und spart Ressourcen. Und für den Fall, dass von der Raffinerie einmal weniger Prozessdampf abgenommen würde als aus der Verfeuerung der Raffineriegase zur Verfügung steht, wird mit dem überschüssigen Dampf mittels einer Kondensationsturbine Strom produziert. Das Projekt „Steam“ sorgt für eine bestmögliche energetische Verwertung der bisher ungenutzten Raffineriegase.

Respektable Klimabilanz
Schon diese vier Beispiele zeigen, dass STEAG die Beschlüsse des Pariser Klimaschutzabkommens und die CO2-Reduzierungsziele der Europäischen Union in ihrem unternehmerischen Handeln konkret Rechnung trägt. Unsere Klimabilanz kann sich sehen lassen: Im Vergleich zu 1990 hat STEAG seine CO2-Emissionen bis Ende 2019 um 79 Prozent gesenkt. Lange bevor das Kohleausstiegsgesetz verabschiedet sein wird, hat STEAG mit eigenen finanziellen Mitteln bereits einen Großteil seiner Steinkohlekraftwerke in Deutschland stillgelegt.

Auch das Jahr 2020 steht für STEAG ganz im Zeichen der strategischen Neuaufstellung des Unternehmens. Seit Monaten arbeiten Expertenteams aus den unterschiedlichen Bereichen des Konzerns an der Weiterentwicklung der Unternehmensstrategie. „Dank der technischen und energiewirtschaftlichen Kompetenz, die STEAG in ihrer mehr als 80-jährigen Unternehmensgeschichte erworben hat, werden wir uns erfolgreich auf den Energiemärkten der Zukunft positionieren“, ist Joachim Rumstadt überzeugt.

Erst vor wenigen Tagen hat der Aufsichtsrat dafür gesorgt, dass der bisher erfolgreiche Weg nahtlos fortgesetzt werden kann. Neben Arbeitsdirektor Alfred Geißler, 63, und Dr. Wolfgang Cieslik, 68, Geschäftsführer Markt und Erzeugung, die Ende Juli bzw. Ende September aus Altersgründen ihre Ämter abgeben, scheidet der bisherige CFO Michael Baumgärtner im besten gegenseitigen Einvernehmen zum 30. April aus der Geschäftsführung aus. Er wird sich einer neuen beruflichen Herausforderung stellen. „Mit der kurzfristigen Berufung von Dr. Heiko Sanders als neuem CFO und den nun ebenfalls getroffenen Nachfolgeregelungen für Dr. Wolfgang Cieslik und Alfred Geißler ist dafür gesorgt, dass die STEAG-Geschäftsführung für die Bewältigung der anstehenden Aufgaben hervorragend besetzt ist“, bilanziert Guntram Pehlke, der Aufsichtsvorsitzende der STEAG GmbH. (Vgl. auch die STEAG-Pressemeldung zur Neuaufstellung der Führungsmannschaft v. 22. April 2020.)

STEAG erhält grünes Rating
Der konsequent vorangetriebene Konzernumbau zahlt sich auch bei den erweiterten Möglichkeiten zur Finanzierung des Unternehmens aus. Anfang des Jahres wurde der Prozess für ein grünes ESG-Rating erfolgreich abgeschlossen. Ein solches Rating, das insbesondere Umweltthemen bewertet, wird als Auswahlkriterium für institutionelle Investoren zunehmend wichtiger. Auf dieser Basis strebt STEAG an, erstmals grüne Finanzierungsinstrumente zu platzieren. „Erneuerbare Energien und dezentrale Anlagen bilden schon heute ein wichtiges Geschäftsfeld von STEAG. Dezentralisierung, Digitalisierung und Dekarbonisierung sind die zentralen Trendthemen auf den Energiemärkten. Dieser Entwicklung trägt STEAG Rechnung“, bekräftigt der designierte CFO Dr. Heiko Sanders, der sein Amt Anfang Mai antritt.

Das Geschäftsjahr 2019 in Zahlen
Aufgrund der insgesamt geringeren Auslastung der inländischen Steinkohlekraftwerke von STEAG, die sich in einer hieraus resultierenden, nunmehr saldierten Darstellung der Handelsgeschäfte abbildet, sank der Konzernumsatz 2019 von 2,9 Milliarden im Vorjahr auf 2,1 Milliarden Euro. Das Konzernergebnis hingegen verbesserte sich im Vergleich zu 2018 deutlich. Das Ergebnis vor Zinsen und Steuern (EBIT) stieg von 160,6 Millionen Euro im Jahr 2018 auf 210,2 Millionen Euro. Hierzu trugen auch positive Einmaleffekte bei.

Das Konzernergebnis nach Steuern beträgt 131,9 Millionen Euro und hat sich gegenüber dem Vorjahreswert von 12,7 Millionen Euro vervielfacht. An die Gesellschafterin, die Kommunale Beteiligungsgesellschaft KSBG, werden wie im Vorjahr 45 Millionen Euro abgeführt.

Die Gesamtliquidität im Konzern betrug am Ende des Geschäftsjahres 432,9 Millionen nach 565,5 Millionen Euro im Vorjahr. Positiv ist der Anstieg des Free Cashflows von 100,5 Millionen im Jahr 2018 auf nunmehr 218,5 Millionen Euro. „2019 haben wir wesentliche Unternehmensziele erreicht“, unterstreicht Joachim Rumstadt.

Ausblick auf 2020
Für das laufende Geschäftsjahr war die STEAG-Geschäftsführung zu Jahresbeginn von einem Umsatzanstieg auf 2,4 Milliarden Euro ausgegangen. Für das Ergebnis vor Zinsen und Steuern (EBIT) war wegen des Fehlens ähnlich hoher positiver Einmaleffekte wie 2019 zunächst ein Minus von rund zehn Prozent eingeplant. Wegen der negativen Auswirkungen der Coronakrise auf die Wirtschaft geht die STEAG-Geschäftsführung nunmehr davon aus, dass die ursprünglichen Planungen trotz bereits eingeleiteter ergebnissteigernder Maßnahmen nicht mehr erreicht werden können. Für 2020 sind Investitionen von bis zu 212 Millionen Euro geplant. Hiervon entfallen rund 120 Millionen Euro auf Wachstumsprojekte. 2019 investierte STEAG 136,9 Millionen Euro.


STEAG-Bilanz in Zahlen
Konzernzahlen nach IFRS

in Millionen Euro20192018Veränderung in %
Umsatz
EBITDA
EBIT
Konzernergebnis nach Steuern
Gewinnausschüttung an KSBG
Investitionen
Gesamtliquidität
Beschäftigungszahl
EBIT-Marge (in %)
2.087,3
372,5
210,2
131,9

45,0

136,9
423,9
6.378,0
10,0
2.901,0
307,1
160,6
12,7

45,0

173,7
565,5
6.575,0
5,5
-28,0
21,3
30,9
938,6

0

-21,2
-25,0
-3,0
-